Ein Einkäufer oder gar eine Führungskraft im Einkauf darf nicht konfliktscheu sein

Nicht  jeder Streit, jeder Disput oder jede Meinungsverschiedenheit muss gleich ein Konflikt sein.  Wenn sich jedoch die Türen der einzelnen Räume immer häufiger in konspirativer Weise schließen, sich Cliquen bilden, die Orientierung fehlt, Kollegen resignierter werden oder innere Kündigungen entstehen, so sind dies ganz klare Indizien für einen aufkommenden oder bereits bestehenden Konflikt.

Bei einem tatsächlichen Konflikt ist:

  • die emotionale Beteiligung sehr hoch
  • der Eskalationsgrad ausgeprägt
  • der negative Einfluss auf die bisherige Beziehung signifikant
  • eine gezielte und wiederholte Attacke feststellbar  à Mobbing
  • eine gezielte und wiederholte Attacke durch den Chef feststellbar à Bossing

Die Ursachen von offenen, verdeckten oder schwellenden Konflikten liegen u.a. in unterschiedlichen Ansichten, anstehenden Veränderungen, Wertvorstellungen, Zielen, Erwartungen aber auch in Kampf um Ressourcen  sowie in zwischenmenschlichen Beziehungen begründet. Ein  Konflikt  kann von einer Person selbst verursacht werden, oder aber sich  zwischen 2 Personen oder zwischen 2 Gruppen entfachen.

Konflikte im Unternehmen wird es immer wieder geben und aktives Konfliktmanagement ist eine Ihrer Kernaufgaben. Dabei können Konflikte im Sinne eines reinigenden Gewitters durchaus positive Effekte im Sinne einer Weiterentwicklung innehaben, da solche Konflikte zukünftig Veränderungen oder verbesserte Sensibilitäten im gesamten Unternehmen bewirken können. Wichtig ist,  dass ernste und bisher nicht gelöste Konflikte nicht mit Gottvertrauen ausgesessen werden.

Ein aktives und professionelles Konfliktmanagement besteht aus den folgenden praxiskonformen und effizienten Konfliktlösungsstrategien unterteilt in  12 Schritte:

Schritt 1: Erkennung  des Konflikts und die Klärung der tatsächlichen
Konfliktbedingungen

Nachdem Sie einen tatsächlich existierenden Konflikt als solchen erkannt haben, geht es im ersten Schritt für Sie selbst  darum, zu eruieren was die wahre Basis des Konflikts ist:

  • Betroffener: Liegt der Konflikt an einem selbst, weil man gewisse Dinge nicht erledigt hat?
  • Unternehmen: Liegt es an der Infrastruktur und der allgemeinen Situation in der Firma?
  • Seilschaften: Liegt es an aktuellen Seilschaften oder gar Verschwörungen gegen den Betroffenen.?

Oft kann man eine Kombination aus allen 3 Bedingungen beobachten.

  

Schritt 2: Einschätzung der interkulturellen Situation

Jede Kultur weist bekanntlich zahlreiche unterschiedliche Verhaltensbesonderheiten auf. Daher muss besonders dieser Aspekt berücksichtigt und in eine  Konfliktlösung integriert werden.

Schritt 3: Einsatz von Mediatoren oder Verbündeten aus Ihrem Netzwerk

Wenn Sie leicht in eine Opferrolle geraten oder sich nicht in der Lage sehen,  den Konflikt  in Eigenregie lösen können, können Sie sich einen Mediator, Coach oder Mentor im Sinne eines ständigen Konfliktbegleiters oder eines Schlichter zur Unterstützung dazu holen.

Schritt 4: Abbau von negativen Emotionen, Aufbau von Wertschätzung und
von persönlicher Beziehung

 

Wenn ein Konflikt besteht nimmt belastet dies einen zunehmend und die andauernden negativen Gefühle lassen einen nicht mehr los. Unsere Wahrnehmung gegenüber dem Konfliktgegner wird verzerrter und einseitiger, da wir nur noch das Negative sehen wollen und ihm alles Schlechte wünschen. Kultivieren Sie keine emotionale Abwehrhaltung, denn negative Emotionen blockieren Sie während der gesamten Kommunikation innerhalb des Konfliktes.  Bringen Sie Ihrem Gesprächspartner ehrliche und offene Wertschätzung entgegen. Wenn Sie daher ein positives Gesprächsklima schaffen, sich auf Ihren Gesprächspartner einstellen  und es Ihnen gelingt eine persönliche Beziehung aufzubauen oder gar eine Verbundenheit herzustellen, wird der Gesprächserfolg wahrscheinlicher und eher gelingen.

Schritt 5: Stärkung von Selbstvertrauen

Seien Sie nicht konfliktscheu, nehmen Sie sich nicht zurück und nennen Sie die Dinge klar beim Namen. Stärken Sie Ihre Selbstsicherheit, ihre Gelassenheit und ihr Durchsetzungsvermögen, damit Sie nicht vorab auf die Verliererbahn geraten.  Wenn andere Abteilungen bemerken, dass der Einkauf als konfliktscheu gilt, könnte dies weiter gegen den Einkauf ausgenutzt werden

Schritt 6: Einsatz von gesunden Menschenverstand und sozialer Kompetenz

Zur realistischen Einschätzung des Eskalationsgrades des Konfliktes benötigen Sie einen gesunden Menschenverstand und soziale Kompetenz mit einer fairen Streitkultur. In der beruflichen Praxis ist ein gesunder Menschenverstand sehr viel wert.

Schritt 7: Anwendung von konsensorientierten Kommunikationstechniken

Bleiben Sie bei all Ihren Kommunikationstechniken Sie selbst, denn sonst wirken Sie aufgesetzt und nicht authentisch. Wenden Sie bei einem Konfliktgespräch die folgenden 5 konsensorientieren Kommunikationstechniken an:

  • Fragetechniken zur exakten Problemeinkreisung
  • Ich-Botschaften
  • Aktives Zuhören
  • Empathie
  • Gekonntes Nein-Sagen

Schritt 8: Unterstützung durch passende Körpersprache

Ihre Körpersprache muss zu Ihren unter Schritt 7 aufgeführten Kommunikationstechniken passen und diese verstärken, denn sonst erkennt Ihr Gesprächspartner Dissonanzen, weil irgendetwas nicht passt, und er wird skeptisch.

 

Schritt 9: Offenlegung und Klärung der jeweiligen Standpunkte

Worum geht es eigentlich beim aktuellen Konflikt? Legen Sie einer nach dem anderen die Probleme offen dar und klären Sie daher eindeutig den offenen Dissens bei den jeweiligen konträren Standpunkten. Hierbei ist ganz entscheidend, dass Sie Ihre Standpunkte in freundlicher und  integrativer Weise nicht aber auf vorwerfende Weise erläutern.

Schritt 10: Entwicklung von Handlungsalternativen und Zielen

Ermitteln Sie das gemeinsame Ziel. Führen Sie dies bitte nicht per e-mail durch, sondern reden Sie miteinander. Entwickeln Sie gemeinsam verschiedene Lösungsalternativen, indem Sie überzeugen, das Problem in den Mittelpunkt stellen, für Sachargumente  und andere Interessen offen sind und eine gemeinsam abgestimmte Lösung anstreben.

 

Schritt 11: Treffen von Lösungsentscheidungen und Kompromissen

Nach der Bewertung der Alternativen Sie müssen beide Parteien eine Entscheidung in Bezug auf eine gemeinsam getragene Lösung treffen. Das wird nicht ohne Kompromisse gehen. Ein tragfähiger Kompromiss ist immer besser als gar keine Lösung mit einem weiter offenen Konflikt.

Schritt 12: Ausblick in die Zukunft zur Konfliktvermeidung im Einkauf


Bewerten Sie das Ergebnis und schaffen Sie in proaktiver Weise im Einkauf essentielle Voraussetzungen dafür, damit weitere Konflikte präventiv  im Keim erstickt werden. Diese könnten für den Bereich Einkauf, wie folgt aussehen:

  • Kein Ressortegoismus mehr
  • Jede Abteilung ordnet sich gemäß ihrer Zuständigkeit in die Prozesskette ein
  • Einrichtung eines regelmäßigen Jour Fix mit den Fachabteilungen
  • gemeinsame Abendessen oder Kneipenbesuche mit Kollegen
  • Jede Abteilung berichtet offen über ihre Probleme
  • Jede Abteilung ist zur aktiven Unterstützung bereit
  • Jede Abteilung lässt sich helfen
  • Tägliche Unterstützung, Kooperation, und gegenseitige Information wird gelebt
  • Aufstellen von klaren Regeln
  • Vereinbaren Sie für die Zukunft, dass die Dinge sofort beim Namen genannt werden.